Einkaufstour zur Mittagszeit

Einkaufstour zur Mittagszeit

An der Aktienbörse werden Erwartungen gehandelt, sagen Insider. Für den Handel mit Strom, Gas oder auch CO2-Zertifikaten reicht das nicht aus. „Portfoliomanagement“ bei uns heißt: Energie muss auf den Punkt verfügbar sein, wenn sie gebraucht wird.

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AUSLESE - DARUM GEHT`S HIER:

  • Wie der Energiehandel funktioniert
  • Terminhandel und Spotmarkt: Was ist was
  • Was unser Portfoliomanagement umfasst

Gleich schlägt die Glocke. Mittagszeit ist "high noon" im Portfoliomanagement, denn bis 12 Uhr müssen die Portfoliomanager bei den Pfalzwerken ihre Gebote für den nächsten Tag abgeben. Am Spotmarkt in Paris, der EXPEX SPOT, einem Ableger der Leipziger Energiebörse (European Energy Exchange – EEX) wird der Strom gehandelt, der kurzfristig innerhalb eines Tages verfügbar ist. Sieben Kollegen arbeiten bei uns im Portfoliomanagement und Handel – nicht im Börsensaal, sondern gleich an mehreren überdimensionalen Bildschirmen voller Zahlenreihen und Diagrammkurven. Die Hauptaufgabe im Einkauf ist eindeutig: Unseren Kundinnen und Kunden zu jeder Zeit genau so viel Energie zur Verfügung zu stellen, wie tatsächlich benötigt wird.

Wetter und Weltpolitik – alles im Fluss

Im Handel am Spotmarkt gleichen wir im Wesentlichen Schwankungen aus. Beispielsweise den kurzfristig erhöhten Bedarf eines Industriebetriebes oder auch den Überschuss eines Windparks. Dies ist ein wichtiger Beitrag für eine stabile Netzfrequenz.

Je kurzfristiger der Handel, umso heftiger die Preisausschläge, umso näher liegen Chance und Risiko beieinander. Nicht nur Wetterprognosen, sondern auch ein Vulkanausbruch in Indonesien, das Wirtschaftswachstum in China oder die Twitter-Botschaften eines US-Präsidenten nehmen tendenziell Einfluss auf das Geschehen an der EEX, wo etwa 200 handelnde Unternehmen aus 20 Ländern aufeinandertreffen.

Am Ende des Tages muss die Bilanz ausgeglichen oder, wie man sagt, 'glatt' sein. Der Faktor Zeit spielt in diesem extrem komplizierten System eine entscheidende Rolle.

Auch kurzfristig handlungsfähig

Je stärker die Langfrist-Prognose von der aktuellen Nachfrage abweicht, umso mehr muss kurzfristig dazugekauft oder abverkauft werden. Was nicht am Spotmarkt der Börse gehandelt werden konnte, muss schließlich tagesaktuell im Intraday-Handel glattgestellt werden.

Die Vorlaufzeiten dafür haben sich in jüngster Zeit ständig weiter verkürzt. Bis zu fünf Minuten vor Lieferbeginn können noch Abschlüsse über Strommengen getätigt werden und erfolgreich sein. Dieses Segment dient für das „Feintuning“, insbesondere wenn Prognosen kurzfristig eine andere Tendenz nehmen.

Terminhandel: Zukunft im Blick

Pro Jahr umfasst umfasst unser Stromhandel etwa 11 Terawattstunden (Milliarden Kilowattstunden) Strom. Weniger als 10 Prozent davon werden an der EEX in Leipzig umgeschlagen, der Großteil stattdessen über direkte Verträge mit anderen Marktteilnehmern gehandelt. Vereinbart wird ein Lieferzeitpunkt oder der Lieferzeitraum, der meist weit in der Zukunft liegt. Das nennt man Terminhandel.

Energiehandel Grafik
Terminmarkt und Spotmarkt: So funktioniert es

Wenn wir uns am Terminmarkt eindecken, kann sich das auch einmal auf die nächste Woche beziehen. Vor allem jedoch haben wir heute schon Kontrakte für große Strommengen in den Jahren 2022 und 2023 bestellt. Bis zu vier Jahre im Voraus, über 90 Prozent der Strom- und Gasmengen für den prognostizierten Bedarf unserer Kunden werden langfristig eingekauft. Der Kauf solcher ,Forwards‘, wie die Terminprodukte  genannt werden, gewährleistet, dass die notwendigen Mengen sicher verfügbar sind.

In unserem eigenen Interesse als verlässlicher Anbieter und im Interesse unserer Kundinnen und Kunden beugen wir so dem Risiko starker Preisausschläge vor.

Erfahrung, Durchblick, Abstimmung

Es gehört eine Menge Erfahrung, genaue Kenntnis der Kundschaft und viel Markt-Know-how dazu, den künftigen Strombedarf und die Marktentwicklung abzuschätzen. Das ist nur bis zu einem gewissen Grad möglich, weil jede Kundin und jeder Kunde seinen Bedarf individuell abnimmt. Hinzu kommt, dass die Einspeisung erneuerbarer Energien – Sonne, Wasser und Wind – nur begrenzt prognostizierbar ist. Zusätzlich stehen die Händler in Kontakt mit den  Kolleginnen und Kollegen im Haus, die zum Beispiel für Großkunden aus der Industrie oder für andere Stadtwerke Energie ordern. Für sie kaufen sie dann ein.

Auch die internationale Wirtschaftsentwicklung fließt in die Prognosen ein, sie lässt gerade bei exportorientierten Unternehmen den Bedarf an Strom und Erdgas steigen – oder sinken.

Unsere Händler müssen immer den Überblick über die strompreisrelevanten Rohstoffmärkte sowie wirtschaftliche und politische Entwicklungen behalten, um zum bestmöglichen Zeitpunkt Eindeckungen vorzunehmen – ein anspruchsvoller Job für gute Nerven, denn die Zahlen, Kurven und Diagramme sind unablässig in Bewegung.

Ähnlich wie beim Strom sieht es auch beim Erdgas und den CO2-Zertifikaten aus: Wobei am Markt für Emissionsberechtigungen auch zunehmend spekulative Teilnehmer wie Hedgefonds agieren und der Markt dadurch deutlich anfälliger für Preisschwankungen geworden ist.

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