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Warum Windräder stillstehen
Windkraftanlagen sind die Arbeitstiere der Energiewende: Sie produzieren sehr viel Energie – bei Tag und Nacht, das ganze Jahr über. Doch auch die modernsten Windräder stehen gelegentlich still und können Beobachtende schnell irritieren. Die Gründe hierfür sind vielfältig und reichen von natürlichen Bedingungen bis hin zu technischen und regulatorischen Hindernissen. Hier sind die wichtigsten Gründe, warum nicht jedes Windrad jederzeit läuft.
Bildnachweis: iStock.com/ValerioMei
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AUSLESE: DARUM GEHT ES HIER
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Die Standorte von Windkraftanlagen werden sehr sorgfältig ausgewählt
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Windkraft leistet viel, doch manchmal fehlt der Wind
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Windkraftanlagen nehmen Rücksicht auf Anwohner*innen und Umwelt
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Netzstabilität hat Priorität
Ein modernes Windrad schafft es, bei alltäglichen Wetterverhältnissen rund drei Megawatt elektrische Leistung zu erzeugen. Jede einzelne Umdrehung des Rotors erzeugt somit genug Energie, mit der beispielsweise ein sparsames Elektroauto dutzende Kilometer weit fahren könnte. Damit sind Windenergieanlagen eine sehr wichtige Säule der dezentralen Stromversorgung und können jeweils viele Haushalte versorgen.
Die Vorbereitung für den Bau neuer Windräder ist sehr aufwändig und gründlich. Es dauert Jahre, bis ein Bau genehmigt und ein Standort vollständig erkundet, kartiert und begutachtet ist. Raum für Überraschungen bleibt somit nicht mehr: Neue Standorte werden beispielsweise zunächst über Monate mittels Lidarmessung untersucht, um Luftbewegungen unterschiedlicher Höhen im Detail über lange Zeit zu erfassen. Dies stellt sicher, dass sich eine Windkraftanlage an diesem Standort lohnt.
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Auch die Umweltverträglichkeit wird von Biologinnen und Biologen sowie weiteren Fachkräften ganz genau überprüft. Was sind denn die Gründe, warum eine Windkraftanlage stillstehen kann?
Wind und Wetter
Es kann vorkommen, dass die Rotoren der Windkraftanlagen stillstehen - und der Grund dafür nicht direkt offensichtlich ist. Das kann für Fragen oder sogar Kritik sorgen. In der Praxis laufen Windräder den weitaus größten Teil der Zeit. Doch was sind die Gründe dafür, dass Windkraftanlagen manchmal stillstehen? Der häufigste Grund ist der Wind selbst, beispielsweise die klassische Flaute: Der Wind weht auf der Höhe der Nabe nicht stark genug. Je nach Art des Windrades benötigen diese eine gewisse Mindestgeschwindigkeit, um anzulaufen: ungefähr zwölf bis 14 km/h. Im Normalfall ist es in der Höhe windiger als am Boden – meist vorteilhaft für die Windkraft. Doch auch zu starker Wind ist eine Herausforderung für die Windkraftanlagen: Bei Böen von rund 80 km/h und mehr, drehen sich die Rotoren aus Gründen der Sicherheit aus dem Wind. Windräder sind zwar sehr robust, starke Böen gehen aber dennoch auf das Material und erhöhen den Verschleiß.
Auch Frost und Vereisung im Winter können ein Grund für Stillstand sein. Der sogenannte Eiswurf könnte eine Gefahr für die Umgebung werden. Wenn die Sensoren des Windrades an den Rotorblättern Eisansatz feststellen, hält es automatisch an, bis die Rotorblätter wieder eisfrei sind. Entweder durch eine eingebaute Heizung in den Rotorblättern oder durch manuelle Zuschaltung unserer Techniker*innen, die die Anlage erst dann wieder starten, sobald die Rotorblätter eisfrei sind.
Arbeiten und Messungen
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Weitere typische Gründe, warum eines oder mehrere Windräder stillstehen, sind Wartungsarbeiten: Bevor Wartungen und Inspektionen durchgeführt werden können, müssen die Rotoren angehalten und verriegelt werden. Bei kleineren Störungen und Fehlern kann die Wiederinbetriebnahme teilweise aus der Ferne vorgenommen werden, in den anderen Fällen erfolgt die Fehlerbeseitigung vor Ort.
Falls es einen seltenen größeren Defekt gibt, muss häufig ein Kran für die Montage zum Einsatz kommen und dieser Einsatz wiederum zunächst vorbereitet werden. Dies kann einen etwas längeren Ausfall zur Folge haben. Auch während des initialen Probetriebs direkt nach der Bauphase drehen die brandneuen Rotoren zur Verwunderung von Beobachter*innen zunächst nur unregelmäßig. Auch dies ist normal. Es kann auch vorkommen, dass ein laufender Windpark trotz idealer Bedingungen angehalten wird, weil in der Umgebung Messungen durchgeführt werden (beispielsweise für weitere Windkraftanlagen), die nicht verfälscht werden sollen.
Umgebungsfreundliche Stromerzeugung
Bereits vor der Genehmigung wird ein Standort genauestens auf die Umweltverträglichkeit hin untersucht. Damit wird ausgeschlossen, Anwohner zu stören, Tiere zu gefährden und um beispielsweise Schonzeiten für Zugvögel oder Fledermäuse zu definieren. Denn auch diese können Gründe sein, warum sich ein Windrad für kurze Zeit nicht dreht: es ist ein Zeitfenster, in dem Zugvögel passieren, Greifvögel bevorzugt jagen oder die Fledermäuse insbesondere in den warmen und windarmen Sommermonaten zur abendlichen Jagd ausrücken.
Windkraftanlagen haben mindestens mehrere Hundert Meter Abstand zu Siedlungen. Dennoch kann es vorkommen, dass es einzelne Häuser gibt, die vom Schatten oder Lärmimmissionen betroffen sind. Hierfür gibt es Auflagen und sehr strenge Obergrenzen. So sieht das Bundesimmissionsschutzgesetz maximale Schallgrenzen für Wohngebiete, Mischgebiete und auch verschiedene Tageszeiten vor, so dass die Anlagen zu gewissen Zeiten leistungsreduziert laufen. Mit speziellen Beschichtungen, sogenannten Serrations (Abrisskanten) oder Winglets (Flügelchen, wie sie auch an den Tragflächen von Flugzeugen angebracht sind) können Betreiber von Anlagen den Luftfluss der Rotoren verändern und Geräusche minimieren. Darüber hinaus werden die Anlagen abgeschaltet, wenn der maximal zulässige Schattenschlag auf Gebäude überschritten wird – auch dies ist im Bundesimmissionsschutzgesetz so geregelt.
Das Netz und der Strommarkt
Stromnetzbetreiber sind dafür verantwortlich, für die Versorgungs- und Netzsicherheit zu sorgen. Diese wäre dann gefährdet, wenn Betriebsmittel wie beispielsweise Leitungen mehr Leistung übertragen sollen, als technisch möglich ist. Diese Situation nennt man auch „Netzengpass“. Für Netzbetreiber ist es oftmals ausschließlich dadurch möglich, diese Auslastung kurzfristig zu reduzieren, indem die netzengpassverursachende Einspeiseleistung von Windparks und Photovoltaikanlagen temporär reduziert werden.
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Die betroffenen Anlagenbetreiber erhalten jedoch im Rahmen einer gesetzlichen Regelung (Redispatch-2.0) für ihren Ertragsausfall eine finanzielle Kompensation.
Ein ganz ähnlicher Grund sind mögliche Eingriffe des Direktvermarkters aufgrund des Börsenstrompreises. Denn an sonnigen Tagen mit hoher PV- und Windkraft-Produktion und zugleich geringem Verbrauch wie an Wochenenden und Feiertagen kann es vorkommen, dass wir mehr Strom produzieren, als zu dieser Zeit verbraucht wird. Dies führt dazu, dass der Börsenstrompreis kurzzeitig negativ wird: es kostet Geld, Strom einzuspeisen. Dann könnte der Direktvermarkter eines Windparks die Rotoren stoppen. Um dies zu vermeiden, wird derzeit an vielen Fronten geforscht und untersucht, beispielsweise durch den Einsatz von Speichern, die Erzeugung von Wasserstoff oder auch die direkte Umwandlung in Wärme mittels Power-to-Heat-Anlagen.
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