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Wärmeversorgung im Quartier: Praxisbeispiel Oberschleißheim
Sie sind oftmals wirtschaftlicher als Einzellösungen und bieten eine breitere Palette an Technologien: Wärmekonzepte fürs Quartier. Wie die klimafreundliche Wärmeversorgung im Wohnkomplex oder Stadtteil konkret aussehen kann, zeigt das Beispiel der Siedlung Oberschleißheim.
AUSLESE – DARUM GEHT’S HIER:
- Eine neue Siedlung mit rund 430 Wohneinheiten - wie gelingt die Wärmeversorgung?
- Grundwasser als effiziente Wärmequelle
- Wärmepumpen im Einsatz
- Lokal erzeugte Energie durch Photovoltaikanlagen
Bis 2045 möchte Deutschland klimaneutral sein. Dafür hat die Bundesregierung Ende 2019 einen Fahrplan definiert, der die Emissionsmengen der einzelnen Sektoren Schritt für Schritt reduziert. Im Ringen um eine nachhaltige Wärmeversorgung avancieren Quartiere zu einem vielversprechenden Ansatz.
Was ist ein Quartier?
Ein Quartier besteht aus mehreren Gebäuden, die geografisch zusammenhängen, sowie öffentlicher Infrastruktur. Da der Quartiersbegriff nicht einheitlich definiert ist, kann es sich bei einem Quartier um einen einzelnen Wohnkomplex, einen ganzen Straßenzug oder einen kompletten Stadtteil handeln. Quartiere bündeln klimarelevante Felder. Das macht sie sowohl für die kommunale Wärmeplanung als auch die Mobilitäts- und Energiewende interessant. Der Vorteil: Quartiere setzen Synergien frei, die bei der Versorgung von Einzelgrundstücken ausbleiben.
Diesen Mehrwert nutzt der Katholische Männerfürsorgeverein (kmfv). Gemeinsam mit der Krämmel Wohn- und Gewerbebau GmbH errichtet der kmfv eine neue Siedlung mit rund 430 Wohneinheiten: Knapp 15 Kilometer von der Stadt München entfernt soll ein Ortsteil mit individuellem Charakter und guter sozialer Durchmischung entstehen, der Wohnen, Gewerbe und soziale Einrichtungen vereint. Die Pfalzwerke kümmern sich ganzheitlich um die Wärmeversorgung. Dabei kommen umweltfreundliche Technologien und erneuerbare Energien zum Einsatz, die die Anforderungen des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) erfüllen.
Nachhaltige Wärmeplanung in zwei Schritten
Um die neu entstehenden Gebäude mit passender Wärme versorgen zu können, haben sich die Pfalzwerke zunächst über die Bodenbeschaffenheit informiert und die hydrologischen Gegebenheiten angesehen. Diese Flächenbetrachtung ergab, dass sich für die Siedlung in Oberschleißheim Grundwasser als Wärmequelle anbietet.
Das Ergebnis verifizierten die Wärmespezialisten über eine Probebohrung. Dabei schauten sie, ob genügend Grundwasser vorhanden und wie es zusammengesetzt ist. „Enthält das Grundwasser beispielsweise viel Eisen und Mangan, verockern genutzte Wasseranlagen mit der Zeit“, erklärt Hans-Martin Ehrkamp, der sich als Projektleiter bei den Pfalzwerken um die Planung und Errichtung der Anlagen kümmert. „In diesem Fall bräuchte es spezielle Reinigungsanlagen, die diese natürlichen Elemente entfernen.“
Wärmeversorgung über effiziente Wärmenetze meistern
Damit alle Gebäude der neu entstehenden Siedlung in Oberschleißheim effizient mit Wärme versorgt werden, haben die Pfalzwerke das Gebiet in vier Sektionen mit eigenständigen Wärmekreisläufen eingeteilt: Während eine Sektion eine neue Kindertagesstätte sowie sechs Doppelhaushälften umschließt, inkludiert eine weitere das Bestandsgebäude St. Benno sowie Wohngebäude in der angrenzenden Nachbarschaft. Eine weitere Sektion beherbergt die unter Denkmalschutz stehenden Mooshäuschen, in denen sich Werkstätten befinden. Die größte Sektion umfasst mehrere Mehrfamilienhäuser. Dabei verbindet ein Wärmenetz den Neubau mit einer Technikzentrale.
„In der großen Sektion werden wir das Grundwasser über zwei Förderbrunnen zu einer Technikzentrale pumpen“, berichtet Hans-Martin Ehrkamp. In der Technikzentrale sitzt ein Wärmetauscher, der dem Grundwasser Wärme entzieht und an das Wärmenetz weitergibt. Anschließend fließt das Grundwasser über Schluckbrunnen in das Grundwasserreservoir zurück. „Dafür errichten wir vier Schluckbrunnen, damit es keinen Rückstau beim Abfließen gibt“, so Hans-Martin Ehrkamp.
Photovoltaikanlagen liefern Energie für Wärmepumpen
Das Wärmenetz bringt die Wärme in die Gebäude. Dabei verfügt jedes Gebäude über eine eigene Wärmepumpe. „Bei dem Wärmenetz handelt es sich um ein kaltes Nahwärmenetz, das mit niedrigen Vorlauftemperaturen auskommt“, erklärt Hans-Martin Ehrkamp. „Auf diese Weise können wir die Netzverluste minimieren. Im Optimalfall erwärmt das Erdreich das kalte Nahwärmenetz zusätzlich, sodass dieses mit einer höheren Temperatur in der Wärmepumpe ankommt. Dadurch steigert sich die Jahresarbeitszahl der Wärmepumpe.“ Dabei gilt: Je höher die Jahresarbeitszahl (JAZ), desto effizienter ist die Wärmeversorgung. Generell erzielen Sole-Wasser-Wärmepumpen eine höhere JAZ als Luft-Wasser-Wärmepumpen.
"Wir nutzen die vor Ort gewonnene Energie im Quartier, um Wärme zu erzeugen"
Hans-Martin Ehrkamp, Projektleiter der Pfalzwerke
Für den Betrieb der Wärmepumpen kommen erneuerbare Energien zum Einsatz. „In der Siedlung werden alle Gebäude mit Photovoltaikanlagen ausgestattet sein“, sagt Hans-Martin Ehrkamp. „So können wir vor Ort gewonnene Energie lokal im Quartier nutzen, um Wärme zu erzeugen.“
Und auch für die unter Denkmalschutz stehenden Mooshäuschen haben die Pfalzwerke eine Lösung gefunden. „Hier existiert bereits ein erdverlegtes Wärmenetz, das allerdings noch über einen Ölkessel betrieben wird“, erklärt Hans-Martin Ehrkamp. „Diese Anlage stellen wir auf einen nachhaltigen Pelletkessel um.“ Auf diese Weise trägt das Wohngebiet Oberschleißheim mit all seinen Elementen zur Energiewende vor Ort bei.
Whitepaper - Nachhaltige Wärmeversorgung für Stadt und Land
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